HIV-Infizierter: Arrest für ungeschützten Sex
Gerichtsurteil in Celle
Der vorliegende Artikel erschien am 15. Juli 2014 in der Celleschen Zeitung und eröffnete nicht nur unter Betroffenen eine kontroverse Diskussion über Schuld und Verantwortung.
Der Wortlaut des Artikels:
HIV-Infizierter: Arrest für ungeschützten Sex
Wegen ungeschützer Sexualkontakte muss jetzt ein 21-jähriger, mit HIV infizierter Mann aus dem Celler Landkreis für ein Wochenende hinter Schloss und Riegel. Zusätzlich hat die Celler Amtsrichterin dem Arbeitslosen 30 Stunden gemeinnützige Arbeit „aufgebrummt“ und ihn dazu verpflichtet, ein halbes Jahr lang an einem Sozialtrainingskurs teilzunehmen. Trotz Kenntnis über gesundheitsgefährdende Risiken für seine Sexualpartner hatte der Mann im Juli und August 2013 mit einer deutlich jüngeren Person homosexuelle Praktiken vollzogen. Vor Gericht gab der Angeklagte zu Protokoll, anfänglich Schutzmaßnahmen ergriffen zu haben, die gescheitert seien. Im weiteren Verlauf des Umgangs habe man dann auf Verhütungsmittel verzichtet.
Von einer potenziellen Ansteckungsgefahr für sein Gegenüber habe er nichts gewusst, sagte der Geständige. Es tue ihm aufrichtig leid, seinen Freund in Gefahr gebracht zu haben. Er habe sich nichts dabei gedacht, ungeschützte Kontakte zu pflegen. Schließlich gehe er regelmäßig zum Arzt und nehme Medikamente ein. Diese würden die Viruslast im Blut bis unter die Nachweisgrenze herabsetzen und so den Erreger nahezu unsichtbar machen. Dass er krank sein, verschweige er im Freundeskreis, denn das gehe niemanden etwas an, hieß es. Wie sehr der Angeklagte die Infektion für sich behalten wollte, bewies er besonders kurz vor dem ersten Kontakt mit dem späteren Geschädigten. Auf dessen vorsorgliche Frage, ob er HIV-infiziert sei, hatte er nämlich mit Nein geantwortet.
Erleichtert zeigte sich der Angeklagte, als er vom Gericht erfuhr, dass die ungeschützten Kontakte für das 16-jährige Opfer folgenlos geblieben sind. Staatsanwältin und Richterin bezeichneten sowohl das seinerzeitige Verhalten als auch die bis heute vertretenen Denkweisen des Angeklagten als „extreme Gefährdung“ für andere. Zwar habe dieser nicht gleichgültig oder willentlich falsch gehandelt; es bestehe aber dringender Aufklärungsbedarf, hieß es. Schritte zur Aufklärung schient der Mann inzwischen auf den Weg gebracht zu haben. Polizeibeamte hatten nämlich im Rahmen staatsanwaltschaftlicher Ermittlungen ein Buch über den Umgang mit HIV sichergestellt. (pra)
(Abdruck mit freundlicher Genehmigung der Celleschen Zeitung)
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